Wie beurteilen Sie den Digitalisierungsgrad in deutschen Büros?
Dr. Stefan Rief: Wie viele andere Nationen auch, steht Deutschland in Sachen Digitalisierung noch am Anfang. Heute arbeiten wir ja eher mit den Tools, die wir bereits kennen. In naher Zukunft werden wir kleine Bots und andere tolle Dinge als Helferlein bekommen, die uns von lästigen Routinearbeiten befreien. Bezogen auf die großen Unternehmen ist Deutschland im internationalen Vergleich gut aufgestellt. Positiv stimmt auch die Nachricht, dass sich laut der neuen OECD-Bildungsstudie in keinem anderen OECD-Land mehr Studienanfänger und Berufseinsteiger für ein MINT-Fach entscheiden als in der Bundesrepublik. Etwas Sorge macht mir der Mittelstand, der ja zu einem Großteil für unseren Wohlstand verantwortlich ist und der bei der Digitalisierung teilweise schon noch Nachholbedarf hat.
Warum schreitet die Digitalisierung im Mittelstand so schleppend voran?
Dr. Stefan Rief: Zum einen wird hierzulande zu wenig ausprobiert und experimentiert. Wünschenswert wäre eine agile Arbeitsweise, bei der man einfach mal anfängt und in kleinen Schritten denkt. Zum anderen gibt es aufgrund der guten Auftragslage viel zu tun und wenig Druck, neue Wege zu gehen, sodass für Digitalisierungsprojekte weder die Ressourcen vorhanden sind noch die Notwendigkeit erkannt wird – eine typische Innovationsfalle. Dabei wird allerdings übersehen, dass das Rennen deutlich schneller geworden ist. Abzuwarten, bis die Konkurrenz etwas Innovatives entwickelt, um dann auf den Zug aufzuspringen, ist heute so gut wie unmöglich. Aufgrund fehlender Erfahrungen im positiven wie im negativen Sinne und des Mangels an Fachkräften ist der Innovationsvorsprung nicht mehr aufzuholen.