Interview mit Immobilienexperte Alexander Leicher zum Thema „Nachhaltigkeit bei Büroimmobilien“: „In puncto Einsparungspotenzial ist noch viel Luft nach oben!“

bürosuche.de: Lieber Herr Leicher, warum tragen Immobilien in hohem Maß zu klimaschädlichen CO2-Emissionen bei?
Alexander Leicher: Immobilien verbrauchen eine enorme Menge Energie. Das fängt schon bei der Herstellung von Baustoffen wie Zement und Stahl an, setzt sich bei dem Transport der Baumaterialien, Baumaschinen und Arbeitskräfte zum Bauplatz sowie Bau und Betrieb von Gebäuden fort und endet bei deren Abriss, bei dem die Baustoffe entsorgt werden müssen. Hier ist in puncto Einsparungspotenzial noch viel Luft nach oben!

bürosuche.de: Welche nachhaltigen Lösungen gibt es, um CO2 einzusparen?
Alexander Leicher: Die Energieeffizienz von Gebäuden lässt sich durch die Nutzung erneuerbarer Energien – beispielsweise durch die Installation von Solarpaneelen oder die Nutzung von Geothermie-Heizungssystemen - verbessern. Gründächer und Fassadenbegrünungen dämmen die Gebäudehülle, verbessern das Raumklima und bieten darüber hinaus Insekten und Kleintieren ein Biotop.

Daneben ist auch das architektonische Design wichtig. Wenn Gebäude so entworfen werden, dass sie Tageslicht und Luftzirkulation maximal ausschöpfen, reduziert das den Energiebedarf für Beleuchtung und Klimaanlagen. In Kombination mit intelligenten Systemen wie Gebäudeautomatisierung und Fernüberwachung senken solche Maßnahmen den Energieverbrauch erheblich. Ein gutes Beispiel hierfür sind beispielsweise die EDGE-Projekte, welche gegenwärtig in der HafenCity fertiggestellt werden und sich eben dieser fortschrittlichen Technologie bedienen.

bürosuche.de: Und wie lässt sich CO2 beim Bau einsparen?
Alexander Leicher: Zum einen wirkt es sich natürlich vorteilhaft aus, wenn Baustoffe von regionalen Unternehmen geliefert werden und keine weiten Strecken zurücklegen müssen. Die Verwendung recycelter oder natürlicher Baustoffe wie Lehm oder Stroh und nachhaltig produziertes Holz verringert die CO2-Bilanz zusätzlich.

bürosuche.de: Welche Nachweise gibt es für Mieter, dass ein Büro nachhaltig betrieben wird?
Alexander Leicher: Zertifizierungssysteme wie LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) oder BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Method) bestätigen, dass ein Gebäude bestimmte Nachhaltigkeitskriterien wie Energieeffizienz, Wasser- und Abfallmanagement, Baustoffwahl und ökologische Auswirkungen erfüllen. Daneben können Mieter oder Käufer durch den Energieausweis oder einem Nachhaltigkeitsbericht Rückschlüsse auf den Ressourcenverbrauch eines Gebäudes ziehen.

bürosuche.de: Wie wirkt sich ein nachhaltiger Betrieb bzw. eine nachhaltige Bauweise auf den Wert einer Immobilie aus?
Alexander Leicher: Aktuell kann beispielsweise die Zertifizierung eines Gebäudes überhaupt erst dazu führen, dass ein Ankauf für Investoren in Frage kommt. Durch gegenwärtige ESG-Themen und Auflagen, selektieren Investoren ganz gezielt Angebote. Nötige Sanierungen im Sinne der Nachhaltigkeit können dann bei den Kaufpreisverhandlungen zu einer deutlichen Preisminderung führen.

Außerdem besitzen nachhaltig gebaute Gebäude einen entscheidenden Marketingfaktor: Sie lassen sich als umweltfreundlich und zukunftsfähig positionieren. Diese Faktoren gewinnen bei potenziellen Käufern und Mietern immer mehr an Bedeutung. Das treibt die Nachfrage und somit den Wert in die Höhe.

bürosuche.de: Bringt eine nachhaltige Bauweise auch Nachteile mit sich?
Alexander Leicher: Das ist tatsächlich so. Ein Nachteil ist, dass oft höhere Investitionen und Kosten für den Bau und Betrieb von Gebäuden entstehen können. Dies kann dazu führen, dass die Baukosten für nachhaltige Immobilien höher sind als für konventionelle Gebäude. Allerdings amortisieren sich die höheren Kosten nach einigen Jahren durch niedrige Betriebskosten und höhere erzielbare Mieten.

bürosuche.de: Wie verändert der Nachhaltigkeitsaspekt die Immobilienbranche?
Alexander Leicher: Der Nachhaltigkeitsaspekt hat in den letzten Jahren erhebliche Auswirkungen auf die Immobilienbranche gehabt und wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Dies spiegelt sich zum Beispiel in der gestiegenen Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien wider. Investoren und Entwickler reagieren darauf und investieren verstärkt in nachhaltige Immobilien.

bürosuche.de: Welche Probleme gibt es in der Immobilienwirtschaft bei der sukzessiven Umstellung auf Nachhaltigkeit?
Alexander Leicher: Nachhaltige Gebäude erfordern oft höhere Investitionskosten für die Entwicklung und den Bau. Diese höheren Kosten führen dazu, dass die Gesamtkosten der Immobilie höher sind und dass Investoren oder Entwickler sich für konventionelle Gebäude entscheiden oder den Mietzins erhöhen. Die Genehmigungsverfahren sind zudem häufig recht langwierig und besonders bei Bestandsgebäuden technisch trickreich.

bürosuche.de: Welche Vorteile bringen nachhaltige Gewerbeimmobilien für die Nutzer der Büros?
Alexander Leicher: Nachhaltige Gebäude sind oft mit Technologien und Systemen ausgestattet, die ein gesünderes Arbeitsumfeld schaffen. Zum Beispiel tragen Belüftungssysteme zu einer optimalen Luftqualität im Gebäude bei und verbessern so das Wohlbefinden der Mitarbeiter. Durch diese Systeme werden auch Nebenkosten eingespart, weil tatsächlich nur noch Teilbereiche von Mietflächen bspw. geheizt oder gekühlt werden, in welchen sich tatsächlich auch Personen aufhalten.  Außerdem bieten diese Immobilien Unternehmen die Chance, Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und Umwelt zu übernehmen, indem sie in nachhaltige Gebäude investieren.