Interview mit Frederic Schönleben: „Denkmalgeschützte Gebäude werden vorrangig von „Liebhabern“ gekauft“

Denkmalgeschützte Gebäude unterliegen einer Reihe von Auflagen und bedürfen einer außergewöhnlichen Pflege. Nicht jeder möchte diesen zusätzlichen Aufwand in Kauf nehmen. Unser Experte für Altbestand und Immobilienberater bei der Angermann Real Estate Advisory AG, Frederic Schönleben, erklärt, worauf Besitzer von Baudenkmälern achten müssen und welche finanziellen Vorteile sie in Anspruch nehmen können.

bürosuche.de: Lieber Herr Schönleben, woran erkennen potenzielle Käufer/Mieter, dass eine Immobilie unter Denkmalschutz steht?
Frederic Schönleben: Wer ein altes Gebäude mieten oder kaufen möchte, erhält in der Regel bereits in der Immobilienanzeige oder dem Exposé Hinweise darauf, ob die Immobilie unter Denkmalschutz steht oder nicht. Zudem kann man dazu Informationen beim örtlichen Denkmalschutzamt oder über das online Geo-Portal Hamburg einholen.

bürosuche.de: Welche Auflagen erhalten Eigentümer einer Immobilie, die unter Denkmalschutz steht?
Frederic Schönleben: Denkmalgeschützte Immobilien unterliegen der Aufsicht der Denkmalbehörde. Diese achtet darauf, dass das historische Erscheinungsbild nach speziellen Vorgaben erhalten und gepflegt wird. Von Fall zu Fall kann die Behörde festlegen, dass nur bestimmte Materialien, Farben und Techniken zum Einsatz kommen dürfen. Bevor Veränderungen vorgenommen werden, muss dafür zudem die Erlaubnis der Denkmalbehörde vorliegen.

bürosuche.de: Was passiert, wenn Eigentümer vorgeschriebene Maßnahmen nicht durchführen oder nach eigenen Vorstellungen umbauen?
Frederic Schönleben: Wenn Eigentümer gegen Vorgaben zum Denkmalschutz verstoßen, kann die zuständige Behörde sie dazu auffordern, die Veränderungen rückgängig zu machen und den ursprünglichen Zustand des Denkmals wieder herzustellen. Darüber hinaus werden nicht selten Bußgelder verhängt.

Denkmalgeschützte Gebäude werden vorrangig von "Liebhabern" gekauft, da die Pflege sehr zeit- und kostenintensiv sein kann.

Frederic Schönleben, Immobilienberater in der Bürovermietung von Angermann in Hamburg

bürosuche.de: Welche Vor- und Nachteile bietet ein denkmalgeschütztes Gebäude für Mieter?
Frederic Schönleben: In meinen Augen zählen zu den großen Vorteilen einer denkmalgeschützten Immobilie das einzigartige Erscheinungsbild und die damit verbundene Unverwechselbarkeit des Gebäudes. Mieter können zudem das historische Ambiente, das nicht zuletzt durch die individuelle Geschichte des Gebäudes entsteht, in ihren Büroräumen genießen. Als Nachteile kann man hingegen Einschränkungen bei Modernisierungen, höhere Instandhaltungskosten und begrenzte Gestaltungsmöglichkeiten bewerten.

bürosuche.de: Gibt es steuerliche oder andere finanzielle Vorteile beim Kauf eines denkmalgeschützten Gebäudes?
Frederic Schönleben: Beim Erwerb eines denkmalgeschützten Gebäudes können Käufer steuerliche Vorteile wie Abschreibungen auf den Denkmalanteil der Sanierungskosten und Förderprogramme der Länder in Anspruch nehmen. Fördergelder für Pflege und Instandhaltung können sie beispielsweise bei der Denkmalbehörde, bei staatlichen oder regionalen Förderprogrammen oder bei Stiftungen beantragen.

bürosuche.de: Gelten Denkmalimmobilien eher als sichere oder als unsichere Kapitalanlage?
Frederic Schönleben: Die Einschätzung als sichere oder unsichere Kapitalanlage für denkmalgeschützte Gebäude hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen Standort und Zustand der Immobilie, sowie Nachfrage und allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen. Denkmalgeschützte Gebäude werden vorrangig von „Liebhabern“ gekauft, da die Pflege sehr zeit- und kostenintensiv sein kann. Bei dieser Käufergruppe steht eher das Interesse an der Historie des Gebäudes und dessen Erhalt im Vordergrund als die Geldanlage.

bürosuche.de: Wann dürfen Baudenkmäler als Gewerbefläche vermietet werden?
Frederic Schönleben: Denkmalgeschützte Immobilien dürfen als Gewerbeflächen vermietet werden, wenn die Nutzung mit den Vorgaben des Denkmalschutzes vereinbar ist und die erforderlichen Genehmigungen vorliegen.

bürosuche.de: In welchen denkmalgeschützten Objekten haben Sie bereits Büroflächen vermittelt?
Frederic Schönleben: In Hamburg gibt es davon eine ganze Reihe. Zu den beeindruckendsten zählen sicherlich der Feldstraßenbunker, Böden in der Speicherstadt, das ehemalige Kasernengelände des Regimentes der preußischen Armee, sowie die Tabakfabrik in der Hoheluftchaussee 95.

bürosuche.de: Was ist Ihrer ganz persönlichen Meinung nach das schönste denkmalgeschützte Gebäude Hamburgs?
Frederic Schönleben: Ich bin ein sehr großer Fan der Hamburger Speicherstadt. Seit Juli 2015 ist diese 40. UNESCO-Weltkulturerbe. Jede Fläche in der Speicherstadt besitzt ihr unverwechselbares Merkmal, das eine ganz eigene Geschichte erzählt - sei es durch einen aufbereiteten Bodenbelag, Stahl- und Holzbalken oder Flügeltüren, durch die früher mit Zug-Kränen die Waren auf die Böden gezogen wurden und heute einen herrlichen Blick auf die Fleete öffnen. Diese Büros sind nicht nur in Hamburg einmalig.