Bürokomplex The Ship Köln
22.03.2021

Interview mit Dr. Oliver Steinki, Bauherr eines der smartesten Bürokomplexe Kölns: THE SHIP

„User-Komfort steht bei uns an erster Stelle“

Im Interview mit „IN.PUNCTO“ verrät der Bauherr von THE SHIP, Dr. Oliver Steinki, warum seine Mitarbeiter maßgeblich zur Planung seines hochdigitalisierten Bürogebäudes in Köln beigetragen haben und weshalb sich die neuen Technologien in der Pandemie bewähren.

Herr Dr. Steinki, normalerweise produzieren Sie mit Ihrem Unternehmen "FOND OF" Taschen. Was gab Ihnen den Anstoß, mit THE SHIP eines der smartesten Gebäude Kölns zu bauen? 
 

Dr. Steinki: Wir wollten uns vergrößern und haben ein Grundstück in der Nähe unseres alten Standortes in Köln-Ehrenfeld erworben. Unser neues Büro sollte auf jeden Fall die Bedürfnisse unserer Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen. Daraufhin haben wir unsere Mitarbeiter gefragt, was sie an ihrem aktuellen Arbeitsplatz verbesserungswürdig finden. Bei der Umfrage kamen unter anderem Dinge mit Verbesserungspotenzial wie „Licht“, „Klima“ und „Schall“ heraus. Durch die anschließende Digitalisierungsberatung war klar, dass wir in diesen Punkten einiges machen können. Wir haben THE SHIP im Grunde nach den Anregungen unserer Mitarbeiter gebaut.

Für eine Expansion hätten Sie sich doch auch ein größeres Bestandsgebäude kaufen oder sich einmieten können. Warum ein Neubau?

Dr. Steinki: Wir haben das Grundstück durch Zufall schnell in Köln-Ehrenfeld gefunden. In diesem Stadtteil haben wir vor elf Jahren gegründet und hier wollten wir auch bleiben. Ich bin Finanzmathematiker und mir war schnell klar, dass sich ein Neubau in der Größenordnung von THE SHIP nach mehr als 20 Jahren eventuell rechnen könnte. Deswegen haben wir uns gar nicht mehr auf dem Kölner Mietmarkt umgesehen. Für uns war es einfach eine tolle Chance, das Gebäude selbst gestalten zu können.

Warum erinnert der Grundriss des Gebäudes an ein Segelschiff?

Dr. Steinki: Aus dem Luftraum betrachtet erinnert der Neubau tatsächlich an ein Segelschiff. Der Bau hat sich auf diese Weise optimal in das Baugelände eingefügt, steht aber auch für die gemeinsame Reise einer eingespielten Crew, die zu neuen Ufern aufbricht. Im SHIP wollen wir gemeinsam Fahrt aufnehmen.

Welche besondere technische Ausstattung hat das Gebäude, die herkömmliche Bürokomplexe nicht besitzen?

Dr. Steinki: THE SHIP ist konzipiert mit dem Menschen im Mittelpunkt. Wir wollten möglichst viele technische Features haben, die das Wohlbefinden steigern und zu einer angenehmen Arbeitsatmosphäre beitragen. Dazu gehört zum Beispiel die Optimierung von Klima und Beleuchtung. Im Gebäude sind mehr als zweieinhalbtausend Sensoren verbaut, die das Licht und das Klima messen und diese ideal einstellen, zum Beispiel die Lux-Bandbreite. Wenn es draußen bewölkt ist, ist das Licht im Gebäude etwas heller und wenn die Sonne scheint, geht entweder das Rollo herunter oder die Beleuchtungsstärke in den Innenräumen nimmt ab. Auch die Gebäudesteuerung funktioniert per App. Unser Keyless Go-System erkennt zum Beispiel anhand einer App, die der Mieter auf sein Smartphone lädt, zu welchem Büro dieser möchte und öffnet ihm die entsprechenden Türen. Konferenzteilnehmer werden über deren Smartphone mit Hilfe eines im Vorfeld versendeten Links automatisch zum richtigen Meetingraum geleitet. Anhand von Heat Maps lässt sich in der App erkennen, wie ausgelastet bestimmte Bereiche sind - zum Beispiel kann der User schauen, wie voll das Restaurant gerade ist. So lassen sich größere Menschenansammlungen vermeiden.

Warum haben Sie ein besonderes Augenmerk auf eine nachhaltige Bauweise gelegt? 

Dr. Steinki: Wir legen mit unserem Unternehmen FOND OF bei der Produktion von Taschen großen Wert auf die Verwendung nachhaltiger Fertigungsstoffe. Dieses Verantwortungsbewusstsein liegt in unserem Selbstverständnis. Daher war es uns auch wichtig, THE SHIP in einer nachhaltigen Weise zu erbauen. Wir haben die „DGNB Gold Zertifizierung“ angestrebt und vor kurzem auch erhalten.

Bürokomplex The Ship in Köln
Quelle: „THE SHIP“

Was macht THE SHIP zu einem klimafreundlichen Gebäude? 

Dr. Steinki: Vor allem die Sensoren der smarten Gebäudesteuerung. Sie helfen uns dabei, den Energieverbrauch so niedrig wie möglich zu halten. Es gibt bei uns keine Lichtschalter. Wenn niemand im Raum ist, geht automatisch das Licht aus. Auch die Heizungen fahren automatisch über Nacht herunter. Wir sind mit THE SHIP auf jeden Fall schon auf einem guten Weg zu einem klimafreundlichen Gebäudemanagement. Daneben ist uns der User-Komfort am wichtigsten.

Gutes Stichwort. Auf welche Weise steigern Sie den User-Komfort in Ihrem Bürogebäude? 

Dr. Steinki: Zunächst einmal steigern wir den User-Komfort über eine Infrastruktur und Gebäudeausstattung, die sich komplett an den Bedürfnissen der Mitarbeiter orientieren. Für jede Arbeitssituation gibt es passende Angebote: Meetingräume, Think Tanks, Creative Labs, Telefonboxen oder unsere Kaffee Lounge – alles unterstützt durch das digitale Raummanagement. Für Pausen und Erholung haben wir reichlich Rückzugsorte, wie unseren Nap Room, verschiedene Außenbereiche und vor allem eine große Dachterrasse, die Platz für Yoga Sessions oder Kaffeepausen bietet. Im Sommer kommt endlich unser eigener Bienenstock und wir freuen uns, wenn unsere Kräuterbeete wieder blühen und man sich mittags ein paar wilde Erdbeeren pflücken kann. Wir haben außerdem eine Kita, ein Fitness-Gym und ein Restaurant. Ich halte dieses Angebot heutzutage für absolut notwendig. Wenn man sich bei der Arbeit wohl fühlt, trägt das auch zur Leistungsfähigkeit bei. Aus Arbeitgebersicht wird so etwas sicherlich immer wichtiger, um qualifizierte Mitarbeiter zu finden und langfristig halten zu können. 

Lässt sich bei Bestandsgebäuden diese smarte Technologie nachrüsten oder rechnet sich das nicht?

Dr. Steinki: Das wird auf jeden Fall kommen. Da sind auch schon einige Firmen dran. Immerhin machen Bestandsimmobilien im Vergleich zu Neubauten ungefähr 98 Prozent der Büroimmobilien aus – es gibt also noch viel Digitalisierungspotenzial.

Hat sich die moderne Technologie Ihres Gebäudes in der Pandemie bewährt? 

Dr. Steinki: Das Gebäude funktioniert kontaktlos. Es gibt keine Lichtschalter. Ich kann die Türen öffnen, ohne diese zu berühren. In der Kantine ist contactless payment möglich. Das verringert schon einmal die Übertragungswege der Viren. Unsere Büros sind außerdem mit großen Screens ausgestattet, die Hybridmeetings erleichtern. Über Head Maps kann man sich die Auslastung verschiedener Bereiche anschauen und bei Bedarf meiden. Natürlich setzen auch wir gerade im Lockdown auf Homeoffice. Wir sind aber sehr dankbar, dass wir flexible und hybride Arbeitsräume haben, die unter Einhaltung der Abstandsregeln eine persönliche Zusammenarbeit ermöglichen können. 

Wie sieht es bei so viel Technologie mit dem Datenschutz aus?

Dr. Steinki: Höchste Sicherheitsstandards für Anonymität und Datenschutz waren natürlich für THE SHIP als digitales Gebäude von größter Bedeutung. Wir haben eine spezialisierte Firma beauftragt, alle unsere IT-Geräte einzurichten. Die Informationen über das Nutzerverhalten unserer Mitarbeiter werden auch nur anonymisiert und lokal in unserer eigenen Systemplattform gespeichert und nicht weiterverwendet.

Welche besonderen Ausstattungsmerkmale weist Ihr Gebäude außer der smarten Digitalstruktur und den Erholungsbereichen auf?

Dr. Steinki: Im Zuge unserer Mitarbeiterumfrage und der späteren Analyse haben wir herausgefunden, dass sich zum Beispiel in einem riesigen Meetingraum im Schnitt nur drei Leute getroffen haben. Deswegen haben wir im SHIP auf der ersten Etage ein Konferenzzentrum eingerichtet, das Mieter nutzen können, wenn sie Meetings in sehr großer Runde haben. Auf den Etagen gibt es aber nur Meetingräume, die maximal für zehn, zwölf Leute ausgelegt sind. Das hat sich bewährt. Für unsere Produktdesigner, die bei FOND OF die Kollektionen für verschiedene Marken entwerfen, gibt es ein eigenes großzügiges Design Lab mit Farb-, Material- und Schnitträumen. Beliebt ist auch der Nap Room, in den man sich für ein Nickerchen zurückziehen kann. 

Welche Mieter zieht ein solches Gebäude an?

Dr. Steinki: Wir haben ungefähr zwei Drittel der Büros selber gemietet und ein Drittel an andere Unternehmen vermietet; unter anderen an das Gründerzentrum der Uni Köln, zwei digitale Marketingagenturen, ein Architekturbüro und ein paar Start-ups. Auch das xdeck, unser eigener Accelerator, sitzt im SHIP. Das ist eigentlich ein ganz guter Mix.

Wie sieht Ihrer Meinung nach das Büromodell der Zukunft aus? Ergänzt das neue Office das Homeoffice oder tritt es in Konkurrenz mit diesem? 

Dr. Steinki: Ich glaube, dass das Wichtigste der Austausch untereinander ist und dass kein Teambuilding langfristig funktioniert, wenn sich die Kollegen nur digital treffen. Die ergonomische Güte von Schreibtischstühlen und -tischen ist im Büro auch besser als der durchschnittliche Küchentisch. Zudem erscheint es mir schwierig zu sein, die Kosten für Strom, Mehrmiete für einen weiteren Raum und WLAN dauerhaft auf den Arbeitnehmer zu verschieben. Mein Tipp ist, dass sich ein Hybridmodell aus drei, vier Tagen Büropräsenz und ein, zwei Tagen Homeoffice durchsetzen wird.

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Welchen Service genießen Ihre Mieter in puncto Mobilität?

Dr. Steinki: Mobilität war uns sehr wichtig. In unserer Tiefgarage bieten wir unseren Mietern Leihfahrräder sowie Pool-Autos an. Zudem gibt es ein Car-Sharing Konzept. Ihnen steht also – neben den öffentlichen Verkehrsmitteln und den E-Scootern, die man um das Büro so findet – ein guter Mix aus verschiedenen Verkehrsmitteln zur Verfügung.

Wenn Sie ein ähnliches Projekt noch einmal planen würden, welchen Standort würden Sie wählen?

Dr. Steinki: Köln. Wir sind einfach ein Kölner Unternehmen. Wenn wir uns an einen Standort in einer anderen Stadt herantrauen würden, dann müsste diese eine gewisse Minimumgröße aufweisen, damit Interessenten angezogen werden. Auch hier zählt wie überall die Lage. Eine von den Top 10 der deutschen Städte würde es dann wohl werden. Gern in einer der bekannten guten Gegenden oder in einer „upcoming“ Lage.

Gibt es Dinge, die Sie das nächste Mal anders planen würden?

Dr. Steinki: Sicherlich, man lernt immer dazu. Aber tatsächlich würde ich in diesem Fall sagen: Nicht viel. Ich bin ganz zufrieden, wie es gelaufen ist. Wir hatten ganz tolle Partner und sind ein gutes Team. 

Haben Sie zum Abschluss noch ein paar Tipps für Bauherren, die ein ähnliches Projekt wie THE SHIP umsetzen wollen?

Dr. Steinki: Der User-Komfort sollte Maßgabe für das Gebäude sein. Aufgrund der demografischen Situation müssen Büros den Mitarbeitern in Zukunft etwas bieten, damit die Unternehmen sie langfristig halten können. 

Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Dr. Steinki!

Urheberrechtsvermerk Headerbild: Quelle: „THE SHIP“