12.10.2021

Die 4-Tage-Woche

Die „4-Tage-Woche“: Das alternative Arbeitszeitmodell im Realitätscheck
Immer öfter hört man von der 4-Tage-Woche. Das alternative Arbeitszeitmodell klingt erst einmal durchaus vielversprechend. Aber kann es auf den zweiten Blick auch halten, was es auf den ersten verspricht?

Endlich Wochenende

Nach einer anstrengenden Arbeitswoche steht endlich das Wochenende vor der Tür - also reichlich Zeit zum Ausruhen, Freunde treffen, Kinder bespaßen und Kultur genießen? Die Realität sieht vielerorts anders aus. Der Samstag verpufft bereits beim obligatorische Großeinkauf und dem längst fälligen Hausputz. Bleibt nur noch der Sonntag zum Durchschnaufen und Kraft tanken. Kein Wunder, dass sich viele Angestellten die Vier-Tage-Woche wünschen. Diese scheint nun in greifbare Nähe zu rücken. Tatsächlich beschäftigen sich immer mehr Arbeitgeber mit den Vorteilen einer verkürzten Arbeitswoche. Doch können diese die Nachteile aufwiegen? 

Was steckt hinter einer Vier-Tage-Woche?

Wer im Vier-Tage-Rhythmus arbeitet, der reduziert seine Arbeitszeit um einen Tag (bzw. senkt diese von 40 auf etwa 36 Wochenstunden), das Gehalt bleibt davon jedoch unberührt – es wird weiterhin in voller Höhe ausgezahlt. Damit der Work-Flow im Unternehmen trotz geringerer Mitarbeiterzahl erhalten bleibt, nehmen sich die Beschäftigten nicht alle am selben Tag, sondern an unterschiedlichen Tagen frei; die Arbeitsprozesse werden an die neue Situation angepasst und gestrafft.

Vor- und Nachteile der verkürzten Arbeitszeit

Was auf den ersten Blick erfreulich wirkt, birgt auch einige Nachteile. Ein Überblick:
 
Vorteile:
  • verbesserte Lebensqualität: zufriedenere und motiviertere Mitarbeiter
  • weniger Krankschreibungen: geringere Arbeitsbelastung und längere Erholungszeit stärken die Gesundheit der Mitarbeiter
  • mehr Flexibilität: Wichtige Termine wie Arzt- oder Behördenbesuche können an dem freien Tag erledigt werden und fallen nicht in die Arbeitszeit
  • Arbeitgeber wird attraktiver: hart umworbene Talente entscheiden sich eher für das Unternehmen, bereits gewonnene Fachkräfte bleiben
  • fokussiertes Arbeiten: optimierte Arbeitsprozesse ermöglichen eine effizient genutzte Arbeitszeit
Nachteile:
  • höheres Stresslevel: Können Arbeitsprozesse nicht verschlankt werden, bedeutet das eine höhere Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter
  • Bei einigen Branchen wie dem produzierenden Gewerbe würde eine Vier-Tage-Woche ein Wettbewerbsnachteil nach sich ziehen
  • Nicht alle Unternehmen können Arbeitszeit verkürzen, ohne dass dabei Mehrkosten durch das Einstellen einem zusätzlichen Mitarbeiter entstünde. Viele Solo-Selbstständige und medizinisches Personal wären beispielsweise größtenteils davon ausgeschlossen.

Island wagt den Schritt in die Vier-Tage-Woche

Nach ersten Pilotprojekten scheinen jedoch die Vorteile der Vier-Tage-Woche zu überwiegen. Der nordische Inselstaat Island wagte 2015 als erstes Land das Experiment und führte probehalber für 2.500 Projektteilnehmer die Vier-Tage-Woche ein. Die Arbeitszeit wurde von 40 Stunden auf 36 gesenkt – mit positiven Ergebnissen. Die kürzere Arbeitszeit wirkte sich laut Studienergebnissen nicht auf die Leistung und Produktivität der Unternehmen aus. Die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter steigerte sich sogar. Es gab weniger Krankschreibungen und auch die Zahl der Überstunden blieb recht konstant. Island hat daher beschlossen, in absehbarer Zeit die Vier-Tage-Woche einzuführen. Spanien will nun im Herbst mit einem einjährigen Modellprojekt nachziehen.